Dass es wichtig ist, sich mit der Hundesprache zu beschäftigen weiß ja jeder verantwortungsbewusster Hundehalter. Zu erkennen, wann der Hund Stress hat, wann er sich bedroht fühlt oder wann er sich ängstigt, ist essentiell für ein harmonisches Zusammenleben.
In meinen Seminaren zum Thema Ausdrucksverhalten, haben vor Allem Stress-, Beschwichtigungs- und Drohsignale Priorität. Denn sie sind die Vorboten eines drohenden Konflikts, der in einem Beißvorfall enden könnte.
Stresssignale zeigen einen erhöhten Erregungslevel des Vierbeiners an. Je höher der Stresslevel des Hundes ist, desto eher besteht die Gefahr einer Eskalation. Deshalb macht es Sinn sich mit Stress beim Hund auseinanderzusetzen.
Beschwichtigungssignale haben unterschiedliche Wirkung: sie wirken „friedensstiftend“, also sollen eine Eskalation vermeiden und Konflikte lösen, sie beruhigen bei Nervosität, sie zeigen an, dass der Hund sich gerade nicht ganz wohl fühlt in der Situation und Vieles mehr. (1)
Drohsignale werden leider häufig missverstanden und teilweise sogar verboten. Eine sehr unsinnige Vorgangsweise, denn tatsächlich dienen sie zur Konfliktvermeidung (2). Der Hund zeigt an, dass er für einen Konflikt bereit ist, wenn sich die Bedrohung nicht entfernt. Er gibt dem Bedrohenden also die Möglichkeit zu entfernen.
(1) Turid Rugaas: On Talking Terms with Dogs: Calming Signals. 2006
(2) Dr. Dorit Feddersen-Petersen: Ausdrucksverhalten beim Hund. 2008
Wie auf Signale reagieren?
Fühlt der Hund sich unwohl, dann ist es wichtig ihm zu helfen und/oder ihn aus der Situation zu holen.
Nun ist es im Alltag aber nicht möglich auf jedes Stress- und Beschwichtigungssignal sofort zu reagieren, dass der Hund zeigt. Denn „beschützt“ man den Hund in jeder Situation, dann entwickelt man sich schnell zu einem Helikopter-Hundehalter, was auch nicht sinnvoll ist. Der Hund kann so nie lernen selbstständig mit Konflikten oder stressigen Situationen umzugehen. Besser ist es sich zu überlegen, welche Situationen der Hund gut aushalten kann, und in welchen Situationen man besser einschreiten und helfen sollte (mehr dazu hier). Außerdem sollte man darauf achten, in welchen Situationen der Hund sich häufig unwohl fühlt – dann empfiehlt es sich nämlich Zeit in Training zu investieren.
Man darf also Signale nicht überbewerten. Aber genauso schlecht ist es, wenn man nie auf Signale reagiert bzw. wenn man den Hund für Drohsignale sogar bestraft!
Was passiert wenn man Signale häufig ignoriert?
Jedes Verhalten wird nur dann gezeigt, wenn es sich auch lohnt, wenn es also ein Ergebnis liefert. Beschwichtigt der Hund und wird das häufig ignoriert, dann wird er die Signale irgendwann nicht mehr zeigen.
Droht der Vierbeiner und wird dafür bestraft, dann wird es noch schneller passieren, dass er keinerlei Drohsignale mehr benutzt. Dann kommt es zu einer Problematik, die man vor Allem bei Tierschutzhunden häufig sieht: die Vierbeiner fühlen sich in bestimmten Situationen unwohl oder bedroht, zeigen aber keine entsprechenden Signale mehr. Dann kommt es im schlimmsten Fall zu Beißvorfällen ohne erkennbare Vorwarnung.
Das passiert vor Allem, wenn die Hunde negative Erfahrungen mit Menschen machen mussten. Wir können davon ausgehen, dass Leute, die nicht nett mit ihren Hunden umgehen auch keinen Wert auf Beschwichtigungssignale legen. Das zeigen dieser wird also schlichtweg „abtrainiert“. Denn warum soll der Hund etwas zeigen, dass sowieso ignoriert wird?
Die gute Nachricht ist aber, dass man dem Hund wieder lernen kann, die Signale zu verwenden 🙂