Ein Hund zieht ein! Sei es bei Neuhundehaltern oder auch bei Hundeprofis, die Aufregung ist in jedem Fall groß. Das gemeinsame Leben wird geplant und meistens kann man es gar nicht erwarten die ersten Aktivitäten mit dem neuen Familienmitglied anzugehen. Doch Vorsicht, bei all der Freude sollte die Eingewöhnungszeit nicht vergessen werden 🙂
Aus Hundesicht
Bei all der Aufregung ändert sich für uns Menschen mit Einzug des Hundes nicht allzu viel. Auch wenn sich klarerweise der Alltag entsprechend ändern wird, so bleiben doch die Grundpfeiler unseres Lebens gleich.
Aus Hundesicht sieht die Sache ganz anders aus: wenn ein Hund sich auf den Weg in ein neues Zuhause macht, dann ändert sich für ihn alles!
– Die Wohnumgebung: der Hund kommt in eine komplett neue Umgebung, mit neuen Gerüchen und Geräuschen. Kommt der Vierbeiner von einem gut vorbereiteten Züchter, dann kennt er viele der Reize in einem klassischen menschlichen Wohnumfeld bereits. Kommt der Hund jedoch von einem Tierheim oder gar von der Straße, dann wird er nun einen absoluten Kulturschock erleben.
– Die Bezugspersonen: der Hund verliert mit dem Umzug in den meisten Fällen alle seine Bezugspersonen. Sei es der Züchter/der Betreuer/die Pflegepersonen, die sich um ihn gekümmert haben. Aber auch eventuelle tierische Bindungspartner sind auf einen Schlag weg – Geschwister, Eltern, Zwingerkollegen, etc.
– Der Alltag: egal woher der Hund kommt, eine gewisse Lebensroutine war in jedem Fall vorhanden. Auch diese ändert sich nun komplett. Jeder Mensch hat andere Abläufe, zeitliche Planungen und Routinen. Der Hund weiß in der ersten Phase also nicht, was ihn zu welcher Zeit erwarten wird.
Ihr seht, der Hund erlebt bei einem Umzug den Verlust von allem bisher Bekannten. Auch wenn man ihn entsprechend gut vorbereitet (Gewöhnung an Geräusche/Gerüche & vorherige Besuche um den Hund kennenzulernen) ist es dennoch eine massive Umstellung.
Die Eingewöhnungsphase
Der Vierbeiner braucht in der Eingewöhnungsphase vor Allem eines: Ruhe, Ruhe, Ruhe um diese neue Situation verarbeiten zu können. Denn nur in Ruhephasen hat der Körper die Möglichkeit alle neuen Eindrücke & Reize entsprechend zu verarbeiten und die entstehenden Stresshormone abzubauen.
Kommt ein Hund aus einem ähnlichen Wohnumfeld (Züchter/Pflegestelle), dann sollte man für die Eingewöhnungsphase mindestens 2 – 4 Wochen einplanen. Kommt der Hund jedoch aus einer Lebenssituation, die sich extrem von der neuen unterscheidet (Tierheim, Shelter, Straße), dann wird die Eingewöhnungsphase deutlich länger dauern. Hier sollte man mindestens 3 – 4 Monate einplanen.
Für eine optimale Eingewöhnung gibt man dem Hund viel Zeit um die neuen Eindrücke zu verarbeiten. Die Ruhephasen pro Tag sollten zwischen 18-20 Stunden betragen. Er sollte in erster Linie Zeit und Ruhe bekommen um die neue Wohnung/das neue Haus kennenzulernen. Hier kann er auch gleich erste (positive!) Erfahrungen mit den neuen Haltern machen. Zusätzlich sucht man sich 1 – 2 Spaziergehrouten (maximal 10 Minuten Dauer bei Welpen, 20 Minuten Dauer bei erwachsenen Hunden), die man jeden Tag 3 mal nutzt. Muss der Vierbeiner sich öfter lösen (Stubenreinheit-Training/Stress) nutzt man dafür entweder den Garten oder (falls Garten nicht vorhanden) sucht man sich einen sehr ruhigen Ort in unmittelbarer Umgebung der Wohnung/des Hauses der als Pipi-Platz dient.
Überforderung
Eine häufige Problematik ist die Überforderung in dieser ersten Zeit. Bedingt durch die Aufregung und Vorfreude übertreiben viele Hundebesitzer das Programm in der wichtigen Eingewöhnungsphase – verständlicherweise! Dennoch kann ein Übermaß an Programm hier zu massiven und nachhaltigen Problemen führen.
Übertreibt man das Programm, dann hat der Hund keine Zeit sich mit den alltäglichen Bedingungen vertraut zu machen. Er wird von Reizen überflutet, der Körper reagiert mit dem dauerhaften Ausstoß von Stresshormonen, die aufgrund von fehlender Ruhe auch nicht abgebaut werden können. Schnell befindet er sich so in einer chronischen Stresssituation, die sich nach spätestens einigen Monaten „entladen“ wird – Verhaltensprobleme & Krankheiten können die Folge sein.
Bitte verzichtet deshalb in der Eingewöhnungsphase auf übermäßige Beschäftigung – dafür ist noch das ganze Hundeleben ausreichend Zeit 🙂
– Keine langen Spaziergänge: Spaziergänge sollten maximal 10-20 Minuten dauern.
– Keine Ausflüge: im Vordergrund sollte die nähere Wohnumgebung stehen. Für Ausflüge in neue Gebiete ist später noch genug Zeit 🙂
– Keine Besuche: in erster Linie muss sich der Hund mit seinen direkten Bezugspersonen vertraut machen, also mit den Personen, mit denen er dauerhaft zusammenleben wird. Das Kennenlernen von erweiterten Familienkreisen, Freunden, Nachbarn etc. hat Zeit.
– Kein Trainingsprogramm: es gibt nur sehr wenige Dinge, die in der Eingewöhnungsphase wirklich trainiert werden müssen. Starten sollte man natürlich mit der Stubenreinheit und eventuell mit zeitlich sehr begrenztem Alleinbleibe-Training. Aber Dinge wie Sitz/Platz/Fuß sind in dieser Phase auf keinen Fall relevant.
– Kein „Sozialisierungs“programm: für eine gut gemachte und nachhaltig positive Sozialisierung ist es wichtig, dass der Hund neue Dinge ruhig und gelassen kennenlernen kann um positive Erfahrungen zu sammeln. Übertreibt man es nun wird der Vierbeiner stark überfordert sein und das Gegenteil passiert – er sammelt viele negative Erfahrungen, die sein ganzes Leben beeinflussen können. Deshalb bitte Finger weg von Hundezonen-Besuchen, Einkaufszentren, U-Bahnen & öffentlichen Verkehrsmitteln, etc.
Fazit
Bitte gebt euren Hunden Zeit, sich in ihre neue Lebenssituation einzugewöhnen. Überforderung in dieser Phase kann das weitere Leben nachhaltig beeinflussen. Auch wenn der Einzug des Hundes aufregend ist und man vor Vorfreude nur so sprudelt ist in der ersten Zeit vor Allem Geduld und Ruhe gefragt. Damit der Vierbeiner sich optimal in den Alltag einfinden kann und ihr zu einem optimalen Mensch-Hund-Team zusammenwachsen könnt.